Homeoffice nicht auf Anordnung möglich – LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.11.2018 – 17 Sa 562/18 


Der Arbeitgeber ist nicht allein aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer Telearbeit zuzuweisen. Mit einer solchen Weisung würde der Arbeitgeber den vereinbarten Vertragsrahmen, der eine Tätigkeit in einer Betriebsstätte vorsah, überschreiten. Der das Weisungsrecht des Arbeitgebers regelnde § 106 S. 1 GewO bietet hierfür keine Grundlage.

Exkurs:
Was genau ist unter den Begriffen Homeoffice, Telearbeit und mobiler Arbeit zu verstehen?

Vielfach werden Begriffe wie „Homeoffice“, „Telearbeit“ und „mobiles Arbeiten“ nämlich synonym verwendet. Es ist jedoch zu differenzieren:

Es gibt zum einen „(häusliche) Telearbeit“, die ausschließlich von zu Hause aus stattfindet und bei der der Arbeitnehmer keinen Arbeitsplatz (mehr) im Unternehmen hat. Der Arbeitgeber richtet seinem Mitarbeiter einen Arbeitsplatz zu Hause ein und übernimmt die dafür entstehenden Kosten. Hat der Arbeitnehmer auch noch einen Arbeitsplatz im Betrieb und arbeitet abwechselnd von dort und von zu Hause aus, so spricht man von „wechselnder oder alternierender Telearbeit“. In der Regel geht mit diesem Modell der Wunsch des Arbeitgebers einher, Büroflächen vollständig einzusparen oder diese durch sogenanntes „Desk-Sharing“ (mehrere Arbeitnehmer teilen sich einen Arbeitsplatz im Büro) zu reduzieren. 

Zum anderen gibt es „mobile Arbeit“. Der Arbeitnehmer erbringt dabei seine Arbeitsleistung mittels eines mobilen Endgeräts von unterwegs (z. B. von einem Kunden aus oder auf Reisen) oder von einem anderen beliebigen Ort aus. Das kann auch seine Wohnung sein. Der Arbeitnehmer darf seinen Arbeitsort autonom bestimmen und die damit einhergehenden Vorteile genießen.

„Homeoffice“ wiederum ist ein umgangssprachlicher Begriff, der in der Regel für beide zuvor beschriebenen Arbeitsformen genutzt wird. 

Anschlussfragen zum Arbeitszeitgesetz:
Gelten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) auch für Telearbeit und mobile Arbeit?

Unabhängig davon, ob die Arbeit im Homeoffice oder im Büro erledigt wird, handelt es sich um Arbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitsformen – und damit auch die Höchstarbeitszeitgrenze von grundsätzlich acht Stunden pro Tag. Ausnahmsweise kann die Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden pro Tag ausgeweitet werden, wenn diese Differenz innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen wird. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 48 Stunden.

Zu beachten ist zudem die in § 5 ArbZG vorgesehene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden nach Beendigung und vor Wiederaufnahme der Arbeit. Nach dem Gesetzeswortlaut würde eine spätabends gelesene Email theoretisch den Arbeitsstart am nächsten Morgen verhindern. Denn eine zeitliche oder inhaltliche Erheblichkeitsschwelle kennt das Arbeitszeitgesetz nicht. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass lediglich geringfügige Unterbrechungen der Ruhezeit nicht unter den Schutzzweck des § 5 ArbZG fallen, den Arbeitnehmer vor Überbeanspruchung zu schützen, und von daher arbeitszeitrechtlich nicht relevant sind. In jedem Falle wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wünschenswert.

Auch abgesehen von § 5 ArbZG sollte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geklärt werden, in welchem Zeitrahmen der Mitarbeiter verpflichtet ist, seine E Mails zu lesen. Geht dies über die eigentlichen Arbeitszeiten des Mitarbeiters hinaus, stellt sich nämlich die Frage, inwieweit (vergütungspflichtige) Rufbereitschaft vorliegt.

Auch Pausenzeiten nach § 4 ArbZG sind in jedem Falle einzuhalten.

Die Arbeitnehmer sollten unter Beachtung der aktuellen Rechtsprechung des EUGH zudem instruiert werden, die Arbeitszeiten zu dokumentieren.

Kann der Arbeitnehmer im Homeoffice seine Arbeitszeit selbst bestimmen?

Homeoffice ist nicht gleichzusetzen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen. Die Arbeitszeit richtet sich daher nach den gleichen Zeiten wie im Betrieb. Ist flexibles Arbeiten vom Arbeitnehmer gewollt, müssen entsprechende Arbeitszeitmodelle zusätzlich zum Homeoffice vereinbart werden, wie z.B. Arbeitszeitkonten.